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Rock meets Classic 2019
Das schleichende Ende oder „this is the beginning of the end,“

Damit niemand auf falsche Gedanken kommt, ich bin ein überzeugter Fan von RmC und war von den 10 Jahren immerhin in 6 Jahren dabei. Aber dies wird wohl mein vorerst letzter Besuch gewesen sein. Warum?
Bis jetzt war RmC vom Einbau des Orchesters in rockige Stücke gekennzeichnet. Den alten „Helden“ aus unserer Jugend eine Plattform geben, wo brüchige Stimmen auch einmal aufgefangen werden können. Oft gehörte Hits der Vergangenheit werden neu arrangiert.
Das Alter geht an niemanden spurlos vorbei und als ich 16 Jahre alt war, zählte z.B. Ian Gillan schon 32 Lenze. Also so an die 12 Jahre Unterschied werden es wohl immer minimal sein. Die Jungs waren damals schon in Rocky, Pop und Bravo vertreten, als unsere Generation noch die Schulbank drückte. Für Schallplatten oder gar Konzerte reichte unser Taschengeld bei weitem nicht. Darum holen wir uns heutzutage unsere Jugend ein kleines Stück weit zurück, indem wir Konzerte unserer Idole gezielt besuchen. Es ist auch eine Art des Abschieds. Die Live-Band Kultur, wie wir sie kennen, wird wohl nicht mehr lange Bestand haben. Deshalb ist es schön, wenn die „Rock Opis“ nochmal die Fetzen fliegen lassen, wenn sie es denn tun.
Dass momentane Konzept von Rock meets Classic im Jahr 2019 ist scheinbar nur noch auf musikalischen Mainstream ausgelegt. Die Reihe der Künstler war immer sehr anständig besetzt, man kannte die Bands und deren Songs, ist man doch mit den alternden Stars aufgewachsen und hat auf dem Kassettenrekorder immer die Aufnahmetaste gedrückt, ob bei Pop nach Acht oder der Hitparade. Klar muss man nach Jahrzehnten Abstriche zumindest beim Gesang machen, aber dieses Jahr war das Konzept noch mehr auf „Classic meets Softrock“ ausgelegt, was dem ursprünglichen Gedanken der Show nicht mehr gerecht wird.
Nicht der Künstler alleine macht die Show, sondern insbesondere die Auswahl der Lieder. Wegen „B-Songs“ gehe ich nicht ins Konzert, oder ihr etwa?
Manche Lieder leiden auch unter Einbeziehung eines Orchesters und müssen einfach nicht sein. Auch mit der Auswahl und Anzahl der Stars beweist der Veranstalter in diesem Jahr nicht immer eine glückliche Hand.
So mag Anna-Maria Kaufmann eine klasse Opernsängerin sein, im Rockgeschäft aber werden stimmlich andere Anforderungen an eine Sängerin gestellt. Als Beispiel nenne ich mal Ann Wilson von HEART. Wenn die bei „Alone“ Luft holt und ansetzt stellen sich einem die Haare auf und man glaubt es kaum, was so möglich ist. Bei Anna-Maria habe ich immer darauf gewartet, dass sie ihre Qualitäten ausspielt, es sah aber eher gequält aus, wie üblich bei den Opernaufführungen. Klar, sie kommt in Höhen, die man nur mit ausgebildeter Stimme erreichen kann, aber das ist eben bei Rocksongs nicht das ausschlaggebende. Die Wucht, das Volumen zählt hier mehr, als jede klassische Ausbildung. Die Darbietung von „Phantom of the Opera“ passte eher zu „Classic meets Rock“ als hierher. Stimmlich brillierte für mich Pete Lincoln wesentlich besser. Er hatte richtig Spaß an dem Duett und war der Künstler, welcher in seiner Rolle aufging. Man sah direkt das Leuchten in seinen Augen. Er wusste genau, auf was er sich einließ, Anna-Maria wohl eher nicht. Anna-Maria nutzte ihren Ausflug in die „Rockwelt“ sogleich aus und produzierte eine Cover CD mit Songs. Der Kommerz lässt grüßen!
Das Lied war einer jener Momente, welche die Stimmung wieder nicht gerade steigerten. Klar, man kennt es, vermutet es aber nicht in diesem Umfeld.
So hätte man einem bestens aufgelegten Dan Lucas etwas mehr Platz geben können. Hier standen auch die meisten Fans mit ihrem Handy auf, um ein Foto machen zu können. Mit seinem rockigen Aussehen und seiner überzeugenden Stimme hätte er wohl die Stimmung mehr anheizen können. Dies hätte der gesamten Veranstaltung auch gutgetan.
Vielleicht tat man auch zu viel des Guten, indem man immer noch einen Gast oben draufgab.
Bei normalen Konzerten gibt es ja immer einen Spannungsbogen, die Kurve steigt an, sinkt leicht ab, geht wieder höher, bis zum fulminanten Ende, wo die 1A Songs des jeweiligen Künstlers kommen. Diesmal fühlte ich mich wie bei einem Koitus Interruptus mit wechselnden Partnern. Es kam nur ansatzweise bei mir das Gefühl an, mit dem Künstler auf einer musikalischen Welle zu sein. Kaum wollte ich mich auf etwas einlassen, kam nicht nur der nächste Auftritt, nein auch ein völlig anderer Sound prasselte auf mich ein.
Seit fast 20 Jahren warte ich auf REO Speedwagon. Deren letztes Konzert in Deutschland wurde damals abgesagt. Umso mehr freute ich mich auf Kevin Cronin und die Supersongs von REO Speedwagon. Doch was passierte dann? Kevin hatte den Softpart des Programms mit zu erfüllen und von denen gab es zuhauf. Von den vier Songs waren zwei Liebeslieder, da hätten „Golden Country“ oder „Don´t let him go“ und „In your Letter“ eigentlich mehr den Erwartungen entsprochen. Zumindest die beiden zuletzt genannten, wären schon leicht genug gewesen.
Thin Lizzy
Brachten Stimmung auf die Bühne, allerdings diesmal weniger bekanntes Material. Nicht alles Songs sind für Orchester geeignet oder müssen damit interpretiert werden. Verbreiteten richtig gute Laune. Ricky bewegte sich viel, um sich allen Seiten des Stadions zu zeigen. „Whisky in the Jar“ kann man immer wieder hören, aber, wenn man ehrlich ist, wurden die beiden zu schnell hintereinander wieder eingeladen. Auch warum deren Jubiläum ein Grund dafür sein sollte, hat sich mir nicht erschlossen.
Mike Reno
Wurde von den „Loverboy“ Fans schon sehnsüchtig erwartet. Grandios der Einsatz von Dan Lucas, als Mike die Höhen nicht mehr schaffte. Mike machte richtig gute Laune mit „Turn me Loose“ und „Working for the Weekend“. Lange nicht gehört, aber sofort wiedererkannt.
Kevin Cronin
Tourt eigentlich nur die USA und verbreitet dort in der Unter- und Mittelschicht die vermeintlichen amerikanischen Werte von Familie und Zusammenhalt. Ihn habe ich mir schon vor einigen Jahren als Künstler für RmC gewünscht. Stimmlich war er erstklassig, die Auswahl der Songs waren aber nicht nur die A-Seiten, sondern für auch die beiden B-Seiten. Wenn jemand so selten in Europa ist wie er, das ist wie wenn Deep Purple nach 20 Jahren auf Tournee geht und nicht „Smoke on the water“ spielen würde.
Pete Lincoln und Andy Scott
Habe es mit den rockigen Arrangements wesentlich leichter. Von denen werden keine Schnulzen erwartet, sondern harte Bässe und Riffs. So erfüllten die beiden den Part „Rock“ zu absolut 100%. Gut, Andy hat auch das Alter, wo die Gitarrengriffe nicht mehr so flott abgehen, aber Alex Beyrodt war zu jeder Zeit auf der Höhe. Auch die beiden feierten das Bühnen-Jubiläum hier.
Dan Lucas
Ist Newcomer des Jahres und sprudelte die Spielfreude nur aus sich heraus. Er brachte richtig Stimmung, hatte aber leider nur zwei Songs zur Verfügung. Müssen wir halt zu den „Helter Skelter“ Konzerten gehen, um mehr von ihm zu hören. Auf alle Fälle hat er es sich verdient hier teilzunehmen!
Ian Gillan
Kam gegen 22.00 an die Reihe, es wurde ohne Pause durchgespielt. Matt Sinner, das Orchester und die Protagonisten, wechselten sich ab, was zwar sehr abwechslungsreich war, aber die Lunte nur ganz leicht zum Glimmen brachte. Der Altmeister hatte bei den Songs merkliche Stimmprobleme, erst bei „Perfect Strangers“ hatte er die richtige Luft. Er zählt halt auch schon 74 Lenze, das darf man nicht vergessen. Nach dem bewegten Bandleben, dürfen wir froh sein, ihn überhaupt noch sehen zu können.
Erstmals in der Geschichte von RmC wurden während der laufenden Tour schon Akts für 2020 bekannt gegeben, samt den zugehörigen Ticketverkäufen. Da frage ich mich dann schon, ob man den Flow noch mitnehmen will?
Alice Cooper war auch schon Gast, aber mit der englischen Randgruppe „Thunder“ und „Mother´s Finest“ deckt man nur einen Randbereich des Rocks und der Fans ab. Gehen die Künstler langsam aus oder fühlt man sich um Teufels komm raus die Reihe fortzusetzen?
Jedes noch so schöne Konzept muss einmal durchdacht oder sogar in Frage gestellt werden.
Meiner Meinung nach, wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, sich neu zu orientieren und das bisher geleistete zu hinterfragen.
So war ich am Ende des Abends nicht in der sonst üblichen „Konzert-Besuchs-Euphorie“ wie sonst. Klar gab es schöne Momente und Lieder, aber hängen bleiben wird bei mir eher, die persönliche Aus-Zeit bei Rock meets Classic.
Der Veranstalter verweigerte mir nach fünf Jahren Berichterstattung diesmal leider den Fotopass. So kann ich leider auch keine aktuellen Fotos dieser Veranstaltung hier bringen.
Die Seite lebt von Bildstrecken und Berichten, aber ohne „Vitamin B“ geht gar nichts mehr.
Ich werde mich menschlich nicht verbiegen, nur um jemand zufriedenzustellen. Aus dem Alter bin ich lange raus. Diese Seite ist vom Fan für Fans und nicht für Veranstalter!
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